Neues Halbjahr! Neuer Lehrermangel! #lehrermangel

Kaum hat nach den Winterferien in Sachsen die Schule wieder begonnen, schon stapeln sich die wütenden Mails von Eltern wieder in meinem Postfach. Ich bin Vorsitzende des Elternrates und bekam die dollsten Vorkommnisse zu hören.

Derzeitiger Stand: Von acht benötigten Klassenlehrern haben wir nur fünf.

Eine Lehrerin ist schwanger, eine dauerkrank, einer hat sich versetzen lassen.
Mehr Informationen bekomme ich hoffentlich morgen, Montag, von der Schulleitung. Bevor die Boulevardpresse dann, für 16:00 Uhr angekündigt, aufläuft.

Diesen Brief von Robert Liebich, den er auf Facebook veröffentlicht hat, darf ich mit seiner Erlaubnis hier veröffentlichen.

„BILDUNG IN SACHSEN ein Erlebnis unseres Sohnes.

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Meine erste Schulwoche nach den Winterferien in der 3. Klasse der 90. Grundschule Dresden-Luga.
Nachdem es bei uns im ersten Halbjahr viel Vertretung, Ausfall und Presserummel gab, wir in Klassen aufgeteilt wurden in denen wir keine Sitzplätze hatten und unsere Aufgaben auf dem Fußboden erledigen mussten, wir von Eltern unterrichtet wurden, die die Zustände ohne Betreuung und Aufsicht nicht mehr hinnehmen wollten und wir uns gar nicht mehr richtig an das Gesicht unserer Klassenlehrerin erinnern können, haben wir uns alle auf das zweite Halbjahr gefreut.
Nach den Ferien ist man doch ausgeruht und die Lehrer kommen mit neuer Energie und gesund wieder zu uns in den Unterricht zurück.
Montag 8:00 Uhr auf dem Stundenplan steht da immer Mathe aber nicht unsere Mathelehrerin kam ins Zimmer, sondern unsere Werkenlehrerin. Naja, basteln ist eh besser als rechnen aber Pustekuchen wir mussten Aufgaben aus dem Arbeitsheft lösen. Urlaubserlebnisse konnten wir aber auch noch mit den anderen besprechen.
Zweite Stunde Englisch in unserem neuen schönen Englischzimmer lief dann ganz wie gedacht. Vielleicht ist das ja jetzt der Startschuss zu einer normalen Schulzeit.
Dritte Stunde Deutsch, leider kam nicht unsere Deutschlehrerin, sondern diese ziemlich nette ältere Dame, die wir bereits aus dem ersten Halbjahr kennen aber die eigentlich schon seit Januar in Rente sein sollte und jetzt doch in der Schule bleibt. Wie das Fach heißt, welches wir da gemacht haben weiß ich gar nicht aber es war lustig wir haben wieder viel mit ihr geredet.
Vierte Stunde Sport. Wir warten wie gewohnt umgezogen in der Sporthalle auf den Lehrer und hatten jede Menge Spaß in dieser Zeit, sind rumgerannt und haben in der Turnhalle Hascher gespielt. Nach dem der Unterricht anfangen sollte haben wir uns dann ein wenig ruhiger verhalten, der Lehrer müsste ja gleich kommen und wenn wir zu laut sind gibt es Ärger. Aber eigentlich hätten wir weiter toben können, denn es kam niemand. Nach 20 Minuten haben wir dann mal jemanden gesucht, nicht dass dem Lehrer auf dem Weg zur Turnhalle etwas passiert ist. Wir haben dann eine Lehrerin gefunden, die wir gefragt haben was wir machen sollen. Die ist dann kurz mit in die Turnhalle gekommen hat uns einen Ball gegeben und zwei Kindern gesagt, dass die jetzt die Verantwortung über die Klasse haben. Das war ein toller Unterricht. So viel Spaß hatten wir noch nie im Sport.
Vierte Stunde Sachunterricht. Wieder ist kein Lehrer gekommen und wieder haben wir uns dann nach 15 Minuten aufgemacht jemanden zu suchen, der uns sagen kann was los ist. Ich finde es eh cool während andere Unterricht haben durch die Schule zu gehen, da fühlt man sich irgendwie so frei, wie auf einem Abenteuer. Als wir jemanden gefunden haben konnte der uns wenigsten noch paar Aufgaben geben, so was wie Galgenraten und Malen, so verging die Zeit bis zum Unterrichtsende schneller.

Das war ein toller erster Tag mit so vielen Abenteuern und Abwechslung und als ich dann nachmittags mit meinen Eltern darüber gesprochen habe, konnte ich gar nicht verstehen warum die das nicht so toll fanden.

Naja der Rest der Woche war dann auch noch ganz toll. Wir haben Ausflüge mit vielen Kindern gemacht, hatten jede Menge Werkunterricht, haben zwei Studenten kennengelernt, die uns auch mal unterrichten durften und ein Schülerkonzert hatten wir auch noch. Insgesamt hatten wir in der ersten Woche fünf normale Unterrichtsstunden und jede Menge Spaß. Schule kann doch so schön sein. Wir haben gelernt, dass wir uns selbst um Lehrer und Aufgaben kümmern müssen, wir haben schließlich ein Recht auf Bildung. Wir haben auf uns selbst aufgepasst, sonst übernimmt ja keiner die Aufsichtspflicht. Wir haben viel geredet und gebastelt. Eigentlich ist das doch alles cool aber trotzdem bin ich manchmal traurig, da ich meine Klassenlehrerin gerne mal wiedersehen möchte und Sachkunde hätte ich auch gerne mal wieder aber dafür haben wir keine Lehrerin mehr. Auch blöd finde ich, dass der nette Mann, der immer mit uns lustige Lieder gesungen hat, ich glaube der war sogar stellvertretender Schulleiter, auf einmal in eine andere Schule wechselt und niemand dafür zu uns kommt. Liegt das an uns Kindern?

Mama und Papa nerven in der letzten Zeit auch ein wenig, die haben solche blöden Übungshefte gekauft Mathe, Deutsch, Sachkunde und Englisch. Das scheint wichtig für meine Eltern zu sein, die haben schließlich ne Menge Geld dafür ausgegeben. Ich muss jetzt mit Mama oder Papa in diesen Übungsheften Aufgaben erledigen und das jeden Tag. Dazu hab ich gar keine Lust.

Danke für Eure Zeit ich geh jetzt mit den Kumpels spielen ist ja schließlich Wochenende.
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So viel zur derzeitigen Situation in der 90. Grundschule Dresden-Luga. Wir sind ein reiches Land in dem die Bildung das höchste Gut sein sollte. Wie soll das funktionieren Herr Christian Piwarz? Ich markiere ungern öffentlich aber das ist nun mal Ihr Thema und wir Eltern haben schon sehr viel unternommen und wissen nicht weiter! Es muss an dieser Schule etwas geschehen und zwar schnell und unbürokratisch.“

Der sächsische Kultusminister weiß auch schon Bescheid!

In diesem Sinne: Ich bin gespannt was die Schulleitung sagt.

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