Ausstauschschüler aufnehmen: Ja oder Nein? ♦ Warum wir uns gegen ein Gastkind entschieden haben!

Ich bin ja Interessiert an vielen Themen und gebe oft und gerne in den Sozialen Medien zu Allem meinen Senf ab. Vor drei Wochen nun rief mich ein Mann auf meinem Handy an, der einen Kommentar auf Facebook von mir gelesen hatte. 

War ich wieder zu ehrlich oder zu frech?

Nein *schmunzel*, ich hatte unter der Vorstellung eines zugezogenen Dresdners (aus NRW) mit spanischen Wurzeln von unserer Spanienzeit erzählt und das hatte er gelesen und war so auf mich aufmerksam geworden. Er ist mit einer Bolivianerin verheiratet und hat hier in Dresden mit Ihr einen Verein gegründet, der Schülern einer deutschen Schule in Bolivien in Gastfamilien vermittelt. Da er immer auf der Suche nach Gastfamilien ist wollte er sich erkundigen ob wir nicht daran Interesse hätten.

Ich hatte! Und zwar schon länger. Ich freute mich schon seit Jahren darauf, dass die Älteste vielleicht mal an einem Schüleraustausch teilnimmt und wir dann auch Jemanden beherbergen könnten. Da ich aber nun mal nicht alleine wohne, erbat ich mir Unterlagen und Informationen per Mail um die Familie zu fragen ob uns allen das Recht ist.

Der Familienrat tagte

Niemand rief sofort Nein. *erleichtertseufz* Es gab aber natürlich sofort viele Fragen. Wie lange bleibt der? (es ging konkret um einen Jungen) Muss der dann mit uns Essen? Wo soll er denn schlafen? Was macht der denn dann den ganzen Tag?

Wir bekamen einen Info-Zettel und ich wollte das auch bei Allen erstmal sacken lassen. Gerade das Spanienkind kaut an solchen Themen / Veränderungen etwas länger herum.

Gesucht wurde eine Familie für 6 Wochen. Die Überlegung war, dass der Gastsohn vorerst das Zimmer der TT bekommt um sich einzugewöhnen. Die würde so lange beim Sonnenschein im Doppelstockbett schlafen. Wenn sich alle gut verstehen hätte er dann nach eventuell einer Woche zum Spanienkind ins Zimmer ziehen können. Und wenn er sich nicht eingewöhnt hätte und/oder er sich nicht mit den Kids verstanden hätte, wäre das Schlafsofa für die weiteren 5 Wochen wieder in mein Büro eingezogen.
Im ersten Moment klang das alles super und alle waren begeistert und gespannt. Keiner sagte, Nein! Auch nachdem wir alle ein paar Mal darüber geschlafen hatten, dachte ich, dass wir alle das wirklich möchten. Es ist spannend. Wir helfen gerne. Eine ganz andere Kultur kennenlernen. Endlich könnten wir alle mal wieder spanisch sprechen. Und vieles mehr. Alles gute Gründe um den Anmeldebogen auszufüllen.

Gesagt! Getan!

Ich füllte den Bogen aus und legte ihn dem GG auf den Schreibtisch. Bis der allerdings von der Geschäftsreise zurückkam, kommen den Kindern die ersten Zweifel:

„Jetzt wo es so wirklich wird, fühlt es sich nicht mehr gut an.“

„Der ist dann 6 Wochen lang immer mit uns in der Schule, immer mit am Tisch und immer bei uns.“

„Was wenn der total doof ist?“

„Mama, dann ist der aber die ganze Weihnachtszeit hier, das möchte ich nicht, das ist UNSERE Zeit!“

Ich bin fasziniert wie wichtig das Familienleben doch zu sein scheint. Seit hier der zweite Nachfahre in der Pubertät ist, habe ich eher das Gefühl die haben „null Bock“ auf Ihre Ursprungsfamilie. Es ist der Wahnsinn was hier an Sorgen und Ängsten ans Tageslicht kommt. Wie sehr wir doch verwurzelt sind. Wie wichtig den Kindern die Privatsphäre ist. UND … ich bin total gerührt, wie wichtig dem Sohn die Weihnachtszeit ist.

Und als die ersten Fragen mit Tränen in den Augen kommen, blase ich das Vorhaben ab und teile der Agentur mit, das wir so spontan einfach noch nicht so weit sind. Wir haben uns gegen das Gastkind entschieden, weil ich möchte das alle Familienmitglieder hinter der Entscheidung stehen. Wir Eltern sind hier die Chefs, die Bestimmer, die Erziehungsberechtigten, die Entscheider. Sehr oft entscheiden wir über die Köpfe der Kinder hinweg was wir wie machen. Manchmal weil wir an uns denken, meistens weil wir wissen dass es „gut“ für uns alle ist aber diesmal war mir wichtig dass wir Alle das wollen. Und dem war nicht so. Das kann ich akzeptieren. Das musste ich allerdings auch erst lernen. 🙂 Noch vor ein paar Jahren hätte ich das für mich entschieden und wir hätten es gewagt. Aber die Pubertät und die damit verbundenen Diskussionen, Standpunkte, echt guten Argumente und eigenen Meinungen meiner Kinder, haben auch meine Denkweisen geändert.

Das Thema beschäftigt hier alle nun auch noch Tage nach der Entscheidung gegen ein Gastkind. Immer wieder fragt eines meiner Kinder: „Kommt der denn nun?“ oder „Was wäre wenn …?“ Ich glaube ein bisschen schlechtes Gewissen, dass wir Ihn nicht aufnehmen ist vielleicht doch vorhanden. Und die Jüngste fragte gestern: „Mama wenn du noch ein Baby bekommst, dann ist doch auch eigentlich erstmal fremd, oder?“

Ich gebe aber nicht auf

Vielleicht können wir ja doch irgendwann mal Jemanden aufnehmen. Vielleicht zur Probe erst mal für 2 Wochen. Da wir kein Gästezimmer haben ist das auch echt schwerer umzusetzen.

Die Schwägerin, die das schon 2 mal gemacht hatten wusste zu berichten: Die eine Schülerin war die gesamte Zeit die sie im Haus war in Ihrem Zimmer und sah sich Filme an. Der zweite Schüler war supernett, hat viel mit den Jungs unternommen und das hat echt gut geklappt. Aber ganz ehrlich, für uns war es ECHT anstrengend. Und nach dieser Aussage bin ich fast dankbar, dass wir abgesagt haben. Vielleicht später mal.

Wenn Du in Dresden lebst und Interesse hast, vermittel ich das gerne. 🙂

In diesem Sinne: Hast du schon Erfahrung mit einen Gastkind?

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