Und dann hörte die Erde kurz auf sich zu drehen … ODER … warum das Spanienkind eine Gehirnschütterung hatte.

Letzte Woche habe ich mal wieder wütend ironisch und aufgebracht hysterisch für Euch gebloggt. Da war was, das musste mal wieder raus aus meinem Hirn. *zwinker*

Es ging um durchgehend kranke Kinder, Familien-Pechsträhnen, Mutter im Homeoffice, um sehr anstrengende und nervige Ferienkinder, um Vereinbarkeit, um Hormonüberschuss und allgemeinen Mist. Und als ich den Text fertig hatte, als ich mir alles von der Mamaseele getippt hatte, kam ein Anruf. Und die Erde hörte einfach auf sich zu drehen und es relativierte sich im Moment des Anrufes schlagartig.

Das Pubertier und das Spanienkind waren in einem Indoor-Spielplatz (hatte ich für die Ferien versprochen), ich war wieder heimgefahren um endlich mal „was tun zu können“.

Dann der Anruf:

Ein völlig verstörtes Pubertier heult in mein Ohr: „Mama du musst sofort kommen, das Spanienkind ist zusammengeschlagen worden, der liegt jetzt hier!“

Ich (panisch): „WAS?“ … kurz überlegt? … „Wirklich zusammengeschlagen oder mit einem anderen zusammengeknallt?“ … ich kenn doch meine Pappenheimer!

Pubertier unter Tränen: „Nein Mama, der hat den einfach umgeschmissen und er ist voll auf den Kopf geknallt! Jetzt liegt er hier!“

„Hast du am Eingang schon bescheid gesagt?“

„Nein!“ schluchzt sie.

„O.k. du sagst denen schnell was passiert ist! Die sollen mal gucken ob wir einen Krankenwagen brauchen! Ist der andere Junge noch da? … O.k. dann zeigst du Denen den! Ich bin gleich da!“

Ca. 6 Minuten später rase ich hinein und finde meinen Sohn in einem Bett im Eingang. Er ist blass, sehr verstört und die Geräuschkulisse um mich herum macht mich irre. Ich bin ganz ruhig, aber die nächsten Momente rauschen an mir vorbei. Die Dame vom Eingang versucht mich zu beruhigen obwohl ich gar nicht aufgebracht bin. Sie empfiehlt mir den Krankenwagen, damit er nicht bei mir im Auto ohnmächtig wird, ruft den Notruf und sucht den Jungen und seinen Vater.

Das Pubertier erzählt mir wie der Junge sich meinen Sohn an den Oberarmen geschnappt und ihn wütend geschüttelt hat, mit dem Fuß hat er Ihm dann die Beine weggezogen und das Spanienkind fiel einfach um. Mit dem Hinterkopf auf den Filz über Beton. Alleine bei dem Gedanken bekomme ich schon Kopfweh.

Ich bin sprachlos als der Vater versucht mir klarzumachen, dass sein Sohn sowas sonst nie macht. – Ja ne, is klar!

Der Krankenwagen kommt, das Spanienkind wird eingeladen, das Pubertiert fährt mit, ich folge in meinem Auto. Kurz informiere ich den Göttergatten was hier gerade passiert und das ER die Lütte ausm Kindergarten holen muss.

Ein sehr unwirklicher Moment! Der meinen Verstand gar nicht erreichen will.

001

Im Krankenhaus stelle ich mein Auto einfach irgendwo ab und melde uns an. Es kommt eine Ärztin, guckt kurz und meint ich müsse selber entscheiden ob er bleiben sollte. Ich denke ja! Er aber will absolut nicht. Oh Gott, wie soll ich das entscheiden?
Es ist aber grad Schichtwechsel und wir müssen sowieso warten.
In der Zeit sackt der Blutdruck extrem ab, er wird schläfrig und beim Sprechen fallen Ihm die einfachsten Wörter nicht mehr ein. Er versucht zu erzählen, dass er im Krankenwagen nicht sehen konnte, spricht aber als wäre seine Zunge tonnenschwer und kommt nicht auf das Wort Krankenwagen.

Er wird aufgenommen und soll 48 Stunden bleiben. Er schläft immer wieder ein und ich muss leider heim. Nur für Kinder bis 6 Jahre dürfen die Eltern über Nacht bleiben. Ich sitze im Eingang der Klinik und WILL NICHT HEIM!

002Ich habe (wie immer in solchen Situationen) einfach funktioniert. Ich habe reagiert, gehandelt, entschieden, Ruhe bewahrt, Kind versorgt, großes Kind getröstet, Abholung der Jüngsten delegiert, mich zusammengerissen, einfach funktioniert. Abends dann Zuhause zwar Sorgen gemacht, aber mich und die Geschwister beruhigt, mir eingeredet das alles wieder gut würde und er dort in den besten Händen ist. Die Starke gegeben.

Ich habe nach drölfmillionen Gedanken warum die heute Nacht anrufen könnten (alle Papiere für den Notfall musste ich schon unterschreiben) sogar geschlafen.

003Um es kurz zu machen, die Nacht war gut, keine weiteren Auffälligkeiten und ich durfte Ihn nach 24 Stunden schon mit heim nehmen. Der Vater des Jungen, der Ihn umgeworfen hat, hat sich per SMS erkundigt ob sie einen Entschuldigungsbesuch unternehmen dürfen, aber das Spanienkind will ihn nicht sehen.

Ich bin so wütend! So unendlich enttäuscht, wie ein Kind einem anderen Kind gegenüber so aggressiv sein kann. Er will Ihn nicht sehen. Ob ich das gut finde weiß ich noch nicht. Ich hätte die ganze Sache gerne geklärt. Ich wüsste auch gerne die andere Seite der Geschichte! … WARUM war der Junge so wütend? Hat mein Sohn Ihn vielleicht doch provoziert? (Was er natürlich abstreitet!) … Und ja, auch eine Provokation wäre keine Entschuldigung Ihm so wehzutun…

Im Anschluss sitze ich hier, habe den Sohn gesund und „munter“ auf dem Sofa neben mir, und breche innerlich zusammen (auch wie immer). Jetzt bahnt sich die unterdrückte Angst Ihren Weg. Mir tut der ganze Körper weh als hätte ich einen kompletten Lagerraum umgeräumt. Ich bin schlapp. Ich bin erleichtert, aber fix und foxi.

Aber vor allem bin ich so unendlich dankbar, dass es nicht zu einer Hirnblutung gekommen ist. Das es alles gut gegangen ist. Das er lebt. Und wie unwichtig und lächerlich die Empfindungen am Vortag gewesen sind. Wie belanglos die Wut über streitende nervige Ferienkinder ist. Wie UNWICHTIG!

UND mir wird mal wieder bewusst, wie schnell es vorbei sein kann. Wie schnell etwas Schreckliches, Unvorhergesehenes passieren kann, was einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Was das gesamte Leben verändern kann. Was die Welt einfach mal kurz anhält.

Diesmal ist es gut ausgegangen … DIESMAL …!

In diesem Sinne: Genieße JEDEN Tag und wäge ab was WIRKLICH wichtig ist!

13 Kommentare

  1. Kathrin Werne

    Hallo Lia,

    Ich kann das ganz gut nachvollziehen. Vor ein paar Monaten ging am Morgen das Telefon, ja hier die Klassenlehrerin von L. Ihre Tochter ist im Sportunterricht auf den Kopf gestürzt, weil ein Junge ihr den Ball aus der Hand gerissen hat. Sie hat dadurch den halt verloren und ist ohne sich abstützen zu können auf die Stirn gefallen. Es wäre gut wenn ich sie abhole. Ich nichts wie hin zur Schule. Neben bei schon organisiert das jemand für die Jungs da ist. Auf dem weg zum Auto habe ich dann meine Tochter gefragt ob ihr schwindlig ist und ob ihr nach dem Sturz schwarz vor Augen war, sie meinte nur ja. Also ab ins Krankenhaus, da saßen wir gut 1 Stunden bis wir dran kamen. Die Ärztin bestätigte dann mein Verdacht das es eine Gehirnerschütterung ist. Ich durfte sie aber wieder mitnehmen musste sie aber beobachten und wenn was wäre sofort den Krankenwagen rufen. Gegen Abend ging es ihr schon besser bis auf starke Kopfschmerzen.

    Ich muss immer wieder feststellen mit Kindern passiert so schnell etwas. Da steckt man echt nicht drin.

    LG Kathrin

  2. Bitte nicht falsch verstehen, aber… Wie um Gottes Willen hast Du in so einer Situation die Nerven, Fotos zu machen und an den Blogpost zu denken?
    Vielleicht ist das auch mein Denkfehler, ich weiß es nicht, aber ich glaube, ich an deiner Stelle hätte keine Sekunde an Blog und Bilder gedacht. Finde das irgendwie irgendwo was zwischen beeindruckend und befremdlich.

    Trotzdem bin ich natürlich froh für Euch, dass alles gut gegangen ist und es den Kids und Dir wieder gut geht. LG

    • Hallo Lia,
      ja das kann ich verstehen. 🙂 Ich habe etwas gezögert das überhaupt zum Blogbeitrag zu machen. Ich dachte vielleicht ist es ja doch zu privat. Aber ich blogge über alles, was ich an Geschichten und Gedanken auch Fremden erzählen würde und so habe ich es (wie so vieles) gedanklich nochmal aufgearbeitet. Mir hilft das schreiben beim nachdenken und verarbeiten.
      Fotografieren ist ein leidenschaftliches Hobby von mir. Und seit es eine Kamera im Handy gibt mache ich eigentlich ständig und überall welche! Wir gucken uns die dann zum Ende des Jahres an und uns fällt ein was so alles passiert ist.
      Das Foto vom Krankenwagen habe ich für den Sohn gemacht und ich habe in keinster Weise an einen Blogbeitrag gedacht. Erst beim schreiben fiel mir dann ein, das ich ja Fotos gemacht habe.
      Liebe Grüße
      Simone

  3. Liebe Simone,

    ich versteh dich so gut. Mein Sohn hatte im Alter von knapp einem Jahr eine geschlossene Schädelfraktur. Auch bei uns ist alles gut gegangen. Als wir aus dem Krankenhaus entlassen wurden, teilte man mir lapidar mit, dass Sohnemann sich für 14 Tage weder aufregen, noch erneut fallen solle.

    Was soll ich sagen. In genau dieser Zeit hat er in rasendem Tempo gehen gelernt.
    Ich fühlte mich ständig, als hätte ich eine Sprungfeder, dort, wo ich normalerweise draufsitze ;-), nur damit ich jeden seiner Stürze abfedern kann. Kinder fallen nun mal, wenn sie gehen lernen.

    Gott sei Dank ist auch bei euch alles gut gegangen. Ich verstehe gut, dass alles andere nach so einem Erlebnis in Bedeutungslosigkeit versinkt. Solche Erlebnisse machen demütig (ich weiß, ein altmodisches Wort) und dankbar!

    Ilse

  4. Jetzt musste ich kurz schlucken und war dann erleichtert, dass alles gut verlaufen ist. Ich wüsste auch gerne, welche Wut in manchen Kindern brodelt und woher sie stammt. Gruselig. Alles Gute! LG, Sabine

  5. Gänsehaut beim Lesen bekommen! Weiterhin gute Besserung und dir wünsche ich auch jetzt nachträglich den kühlen Kopf, den du in dieser Schocksituation bewiesen hast! Durchatmen. Entspannen. Alles ist gut!
    Was mich aber fassungslos macht, ist die Regelung, dass nur Kinder bis 6 Jahre mit ihren Eltern im Krankenhaus über Nacht zusammenbleiben dürfen. Das gibt’s doch nicht… Mag ich mir gar nicht vorstellen!
    Alles Liebe euch, Simone <3

  6. Oh gott ich drück dich mal ganz fest! HORROR!
    Und das obwohl ich hier ein Kind habe, dem schon öfter ne 10er-Karte für die Notaufnahme angeboten wurde.
    Wie geht’s eigentlich dem Pubertier? Hat es den Schock halbwegs verarbeitet?

    • Liebe Claudia,
      das Pubertier hat sich Abends schwere Vorwürfe gemacht das sie es nicht geschafft hat es zu verhindern (es ging aber so schnell, das sie einfach nix mehr machen konnte) und sie empfand es als ganz schrecklich, das er da dann alleine im Krankenhaus sein musste!
      ABER … kaum war er wieder hier ging der übliche Geschwisterstreit gleich wieder los, ich dachte ich spinne! 😉 Die scheinen das zu brauchen! 🙂

  7. Das geht unter die Haut oO.
    Zum Glück ist alles „gut“ gegangen, aber solche Situationen zeigen einem echt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Unsere Probleme werden dann schnell mal zu Nichtigkeiten, alles wird relativiert.Und wie Du sagst: Es kann so, so SO schnell gehen, und die Welt hört auf, sich zu drehen. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.
    Zusätzlich heftig finde ich, dass Du nicht bei Deinem Sohn bleiben durftest?! Bei uns hier (Schweiz bzw. halt Kinderklinik bei uns in der Nähe) kann man immer beim Kind bleiben, egal wie alt. Da bin ich also gleich nochmals froh drum.
    LG Séverine

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